Unsere kommenden Veranstaltungen:
Bitte beachten Sie: Unsere Abendtermine beginnen ab jetzt stets um 19:00 Uhr
(statt, wie bisher, um 19:30 Uhr)!
Mittwoch, 9. Oktober, 19:00 Uhr
Susanne Stephan (Stuttgart):
Der Held und seine Heizung. Brennstoffe der Literatur
Zu Johann Wolfgang Goethes Haltung zur beginnenden Industrialisierung, dem „Maschinenwesen“, ist bereits viel geforscht und publiziert worden. Wie sieht es aber mit seiner Wahrnehmung der beginnenden „Karbonisierung“, der Ersetzung von Holz als jahrhundertelang dominierendem Leit-Brennstoff durch Braun- wie Steinkohle aus? Ohne diese beiden hocheffizienten Brennstoffe wäre die Entwicklung von Industrie und Eisenbahn im 19. Jahrhundert nicht möglich gewesen. Zunächst galten die Brennstoffe aus dem Untergrund als Retter in der Holznot, unter der auch das Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach litt. So ließ Herzog Carl August, wie andere Landesherren auch, in seinem Territorium nach Kohle suchen, dem „wohlfeilen Holzsurrogat“ (Novalis), unterstützt von seinem Bergbauminister Goethe, der mit geologischer Expertise eine Art Masterplan zur Auffindung der „brennbaren Fossilien“ entwickelte. Sogar Christiane Goethe betätigte sich als Kohle-Scout. Auch wenn Goethe sein Wohnhaus weiter mit Holz beheizte und ihn Kohlefunde vor allem wegen der darin erhaltenen Pflanzenabdrücke interessierten, so blieb die neue energetische Macht aus der Tiefe nicht ohne Einfluss auf seine Reflexionen.
Ausgehend von einer Szene im Ilmenauer Wald, die Goethe in einem Gespräch mit Eckermann 1828 wieder heraufbeschwört und in dem man den jungen Dichter bei „glimmenden Kohlen“, einem herabgebrannten Lagerfeuer, sitzen sieht, geht Susanne Stephan den Spuren der Brennstoffe Holz, Holzkohle und Kohle in Goethes Leben und Werk nach. Ein Seitenblick fällt auf weitere ‚Energie-Denker und Dichter‘ jener Umbruchzeit, vor allem auf den Salinen- und Braunkohleexperten Friedrich von Hardenberg/Novalis. Susanne Stephans Essayband „Der Held und seine Heizung. Brennstoffe der Literatur“ wurde bei Erscheinen im Frühjahr 2023 breit und sehr lobend besprochen. Im Oktober stand das Buch auf Platz 3 der ZEIT-Bestenliste Sachbuch. Erst neulich wurde es in einem Spiegel-Artikel zu den ‚Energy Humanities‘ als „großartiges“ Pionierwerk auf diesem in Deutschland noch ganz neuen Forschungsgebiet genannt.
(Großer Saal, Hallerhof, Buckenhof)
Mittwoch, 27. November, 19:00 Uhr
Dr. Tanja Rudtke (Erlangen):
"Tages Arbeit! Abends Gäste! Saure Wochen! Frohe Feste!"
Feiern und Feste in der Literatur
(Jahresausklang mit Punsch und Plätzchen)
Ein Fest markiert meist außerordentliche Ereignisse und ist an die Gliederung der Zeit gekoppelt (oft zyklisch, d.h. Feste, die jedes Jahr wiederkehren, z.B. Weihnachten, Karneval). Das Fest weist bestimmte Merkmale auf: Ritus und Spiel gehören dazu, auch Musik und Tanz, Essen und Trinken. Feste begleiten den Lebenslauf (insbesondere Übergangsriten, wie Konfirmation, Taufe, Hochzeit, Begräbnis).
Sie bilden eine Brücke zwischen Individuum und Gemeinschaft, sind unterschiedlich akzentuiert (religiös oder politisch, öffentlich oder privat). Nicht zuletzt spielt die psychosoziale Seite eine wichtige Rolle, das Fest als Akt der Rekreation – der Abstand von Arbeit und Alltag bietet eine Entlastungsfunktion, ist eine Grenzüberschreitung einerseits und Bestätigung des Kollektiven andererseits. Exzess und Ordnung gleichermaßen.
Der Vortrag zeigt anhand ausgewählter literarischer Beispiele (von Goethes Werther auf dem Ball bis zu Babettes Fest von Tania Blixen), welche unterschiedlichen Funktionen Feste haben können. Sie charakterisieren die Teilnehmenden und die Umstände, oft haben sie vorausdeutende Funktion oder sind Kulminationspunkt des Geschehens. Die Festdarstellungen enthalten aber auch textüberschreitende gesellschaftlich-kulturelle Komponenten, die den jeweiligen Zeitgeist auf besondere Weise widerspiegeln.
(Großer Saal, Hallerhof, Buckenhof)